Wie schon vor einiger Zeit angekündigt hat meine Freundin nun ihren Chevrolet Bolt LT bekommen, der in Deutschland als Opel Ampera e angeboten wird.
Der Kauf war denkbar einfach. Unser lokaler Händler hatte zwei neue Bolts auf dem Hof stehen, die sofort verfügbar gewesen wären. Da weder schwarz noch rot eine Option waren, hat der Händler über einen anderen Händler einen cayenne-orangen Bolt besorgt, was nur wenige Tage gedauert hat. Ich finde es genial, dass sich anscheinend jeder Händler ein paar Elektrofahrzeuge auf den Hof stellt, die bei Bedarf auch von anderen Händlern verkauft werden können. Für unseren Händler hatte das den Vorteil, dass wir nicht woanders gekauft haben und wir mussten nicht erst hundert Kilometer fahren, um zu dem Händler zu gelangen, der das gewünschte Fahrzeug auf dem Hof stehen hat. Oder ein halbes Jahr warten.
Auf Sonderausstattungen haben wir weitestgehend verzichtet. Lediglich Felgenschlösser und Gummi-Fußmatten mit hohem Rand sind hinzugekommen. Inklusive Zulassung, Überführung und diesen Extras hat der Wagen umgerechnet etwas über 31 T€ gekostet. Das schließt bereits die hiesige Förderung von $5,000 (entsprechend 3220 €) ein. Freundlicherweise hat der Händler den Förderbetrag gleich abgezogen und er kümmert sich nun selbst darum, das Geld zu bekommen. Bei Tesla war das anders, da musste ich zunächst den vollen Preis bezahlen, einen Antrag stellen und viel Geduld mitbringen.
Warum der Bolt? Meine Freundin wollte ein Elektroauto, das so kompakt wie möglich ist, gleichzeitig aber eine Reichweite von mindestens 350 km ermöglicht. Da ist die Auswahl relativ dünn. Der 2020 Chevy Bolt schafft nach EPA beachtliche 417 km mit einer Ladung. Die Batterie in diesem Modell hat 66 kWh.
Fahren tut er sich toll, auch wenn es ein paar kleine Minuspunkte gibt. Das ESP schafft es nicht, die Vorderräder am Durchdrehen zu hindern. Es tut seinen Dienst, wenn nur ein Rad durchdreht, aber wenn man einen E-Motor mit Frontantrieb kombiniert, ist es an der Tagesordnung, dass beide Antriebsräder durchdrehen. Es wäre schön bzw. Reifenfreundlich gewesen, wenn man das herstellerseitig eingedämmt hätte. So muss man dann halt etwas vorsichtiger mit dem Fahrpedal umgehen, insbesondere bei nasser Fahrbahn.
Was mich direkt zum nächsten Thema bringt. Ja, one pedal driving ist möglich. Dazu muss man den Wählhebel zweimal in Richtung D bewegen. Tut man das nur einmal, rollt der Wagen an, wenn man den Fuß von der Bremse nimmt. Unabhängig davon rollt der Wagen immer sofort an, wenn man im Rückwärtsgang den Fuß von der Bremse nimmt. Dazu kommt, dass ohne one pedal driving erstmal nur eine schwache Rekuperation zur Verfügung steht, die sich aber mit einer Wippe am Lenkrad verstärken lässt. Damit ist aber eben nur schwache oder starke Rekuperation möglich und kein stetiger Übergang. Das hat Tesla meiner Meinung nach besser gelöst. Dort stellt man einmal den hold mode ein (wenn man es denn möchte) und dann gilt diese Einstellung sowohl vorwärts als auch rückwärts. Die Rekuperation ist eine weitere Einstellung, die mit dem hold mode nichts zu tun hat.
Was mir hingegen gefällt, ist dass der Bordcomputer eine realistische Restreichweite anzeigt, die auf Außentemperatur und Fahrverhalten basiert. Da könnte sich Tesla wiederum eine Scheibe von abschneiden.
Ansonsten ist der Bordcomputer eine Katastrophe. Die Einstellungen sind so verstreut, dass eine intuitive Bedienung kaum möglich ist. Ich hoffe, dass wir uns damit nicht mehr herumärgern müssen, sobald alles so ist, wie es sein soll. Ich will das hier im Detail nicht breittreten, da es den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde.
Was den Innenraum angeht, scheiden sich da wohl die Geister. Ich bin da sehr anspruchslos und habe dementsprechend keine Probleme damit. Im Internet finden sich allerdings zahlreiche Beiträge, die den Innenraum als Billigplastik bezeichnen.
Ein weiterer Pluspunkt ist das mittige Display im Bolt. Chevrolet hat sich entgegen dem allgemeinen Trend nicht gescheut, ein mattes Display einzusetzen. Das erhöht die Lesbarkeit ungemein.
Laden ist mittels J-1772 Anschluss mit bis zu 240 V / 32 A möglich, was für unsere Zwecke vollkommen ausreicht. Über den CCS-Anschluss ist auch DC-Laden möglich. Leider ist Chevrolet bei der Ladestrategie übervorsichtig. So hat wohl noch niemand eine Ladeleistung von mehr als bescheidenen 55 kW gesehen, selbst an 250 kW Ladestationen. Das ist mir unverständlich. Mein Model 3 hat eine 75 kWh Batterie und kann bei niedrigem SoC problemlos mit 150 kW laden, an Typ 3 Ladestationen sogar noch schneller. Mit einer 66 kWh Batterie sollten zumindest 120 kW möglich sein. So kann ich die Gleichstromladung nicht wirklich als "Schnelladung" bezeichnen. Ich hoffe, dass Chevrolet die Batterien überwacht und irgendwann merkt, dass es keine ausschweifende Degration gibt und dann höhere Laderaten freigegeben werden.
Aufgrund der hohen Reichweite ist das aber ein eher theoretisches Problem. Und wenn es wirklich schnell gehen muss, steht ja immer noch der Tesla in der Garage, der in kurzer Zeit wieder voll einsatzfähig ist.
Jetzt muss ich nur noch ein wenig an der Garage herumwerkeln, damit beide Autos hineinpassen.
