hybrid schrieb:
Das Problem dürften die absurd hohen Roamingpreise sein
Genau. Das ist das Resultat davon, dass der Markt trotz...
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Ladesäulenverordnung (LSV) und
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Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR)
...faktisch unreguliert ist. Was dazu führt, dass sich Betreiber großer Ladenetze Pfründe sichern, kleinere Konkurrenten vom Markt kicken und die Gelegenheit nutzen, einen schnelleren Return-of-Invest zu erzielen.
Im Tesla-Forum hat sich jemand die Mühe gemacht, die aktuellen Business-to-Business-Tarife (B2B) fürs DC-Laden zu recherchieren. Die werden bekanntlich nicht nur
nicht an Endkunden kommuniziert, sondern möglichst verheimlicht.
Schauen wir uns das Ergebnis seiner Recherche an, Stand April 2024. Die folgenden Beträge muss ein Unternehmen zahlen, das seine Kunden an einem DC-Ladepunkt der hier aufgeführten Anbieter laden lässt:
• 69 Cent/kWh - Fastned
• 73 Cent/kWh - Allego
• 78 Cent/kWh - Citywatt
• 79 Cent/kWh - Ionity
• 80 Cent/kWh plus 14,28 Euro pro Stunde ab Minute 45 - Pfalzwerke
• 84 Cent/kWh plus 12,00 Euro pro Stunde ab Minute 45 - EWE
• 87 Cent/kWh plus 14,28 Euro pro Stunde ab Minute 30 - EnBW
• 90 Cent/kWh - Shell
• 92 Cent/kWh - Aral
• 105 Cent/kWh - Mer
Diese Angaben sind inoffiziell, zu einem kleinen Teil errechnet/geschätzt und ausdrücklich ohne Gewähr!
Betrachten wir nun anhand dieser Tabelle ein realitätsnahes Beispiel: Als Kunde bei den Stadtwerken Kleinkleckersdorf (SWKKD) habe ich das Tarifmodell 39/49 Cent/kWh (AC/DC) gewählt. Die Stadtwerke erlauben ihren Kunden auch Roaming bei Fremdanbietern, unter anderem an den Ladepunkten von EnBW.
Ich fahre nun also als Kunde dieser Stadtwerke einen EnBW-Ladepunkt an und lade dort 60 Kilowattstunden in 45 Minuten. Dafür bezahle ich an die SWKKD 29,40 Euro (60 x 49 Cent). Hinter den Kulissen zahlen die SWKKD aber 55,77 Euro an EnBW (60 x 87 Cent plus 15/60 von 14,28 Euro). Das heißt, sie haben für meinen Ladevorgang mal eben 26,37 Euro
draufgelegt. Ihre internen Abrechnungs- und Verwaltungskosten sind da noch gar nicht mit drin.
Wie lange werden sich das die Stadtwerke Kleinkleckersdorf wohl anschauen? Sie haben zwar auch Kunden, die nur an den von SWKKD selbst betriebenen Ladepunkten laden - so lässt sich vielleicht ein bescheidener Gewinn erzielen und gegenrechnen, eine Mischkalkulation also. Doch die in absurde Höhen abgedrifteten Roamingkosten lassen jede bislang halbwegs funktionierende Mischkalkulation unrentabel werden.
Was also machen die Stadtwerke Kleinkleckersdorf? Sie haben die Wahl:
- Sie kippen das bisherige Tarifmodell, also den Einheitstarif.
- Sie sperren das Roaming für ihre Kunden.
- Sie akzeptieren nur noch Kunden aus dem eigenen Versorgungsgebiet.
- Sie geben die erhöhten Kosten bei Roaming-Ladevorgängen an ihre Kunden weiter.
- Sie kündigen Verträge von Kunden, die ein bestimmtes Maß an Fremdladungen überschreiten.
- Sie bleiben bei der Mischkalkulation, erhöhen aber massiv die Tarife für alle Kunden.
- Oder sie entscheiden sich für eine Kombination aus mehreren dieser Maßnahmen.
Genau das passiert nun gerade, auf breiter Front und quer durch alle Anbieter. Sogar diejenigen, welche selbst als Preistreiber auftreten, ändern ihre Tarifmodelle und bieten keine Einheitstarife mehr an.
Schade, das tut der E-Mobilität echt keinen Gefallen.
Das ist noch untertrieben. Das ist ein Debakel!

Trotz sinkender Strompreise läuft das in Deutschland nun völlig aus dem Ruder und zwar weit, weit schlimmer, als ich mir das je hätte vorstellen können.
Schon immer macht E-Mobilität erheblich mehr Spaß, wenn ein elektrifizierter Stellplatz vorhanden ist. Ein Muss war das aber nie. Doch im Vergleich zu den Vorjahren hat sich nun die Lage für alle, die nicht nur ausnahmsweise auf öffentliche Ladepunkte angewiesen ist, deutlich verschlechtert.
Nach wie vor sind halbwegs günstige Alternativen verfügbar, beispielsweise Supermärkte oder die einigermaßen akzeptablen kWh-Tarife mit Grundgebühren verschiedener Anbieter. Eine besonders sichere Bank auf Reisen ist das hervorragend ausgebaute Supercharger-Netzwerk von Tesla, das auch für Fremdkunden günstige Tarife anbietet.
Doch die Auswahl ist kleiner geworden und Überzeugungstäter, denen das alles egal ist (Hauptsache weg vom Fossil) sind nicht so zahlreich und ohnehin längst elektrisch unterwegs. Neueinsteiger werden sich das aber gut überlegen, und zwar völlig zurecht. Mit Sprit fahren ist in den meisten Fällen noch immer teurer, aber wer lässt sich bei eigentlich niedrigen Strompreisen schon gerne derartig abzocken? Und wie sollen diese Zustände die Fahrer von Plugin-Hybriden zum Laden animieren?
Die zuständigen Regulierungsbehörden müssen umgehend einschreiten, um diesen Wildwest-Methoden beim öffentlichen Laden einen Riegel vorzuschieben. So, wie sie seinerzeit in den Anfangsjahren der digitalen Mobiltelefone die Netzbetreiber reglementieren mussten und das auch getan haben.
Grüße, Egon