Ein paar grundsätzliche und physikalische Gedanken zu den Feuchtigkeitsproblemen von kamerabasierten Assistenzsystemen.
Bitte ergänzen oder korrigieren, wenn ich mal nicht ganz richtig liege... aber möglichst mit Quellenangaben.
Wenn ich hier den falschen Thread bin, oder das Thema so schon existiert, dann bitte verschieben...
Bei Kamerasystemen ist folgendes wichtig:
* Glas- und Linsenflächen müssen immer sauber sein
* Glas- und Linsenflächen dürfen sich nicht beschlagen
Im PKW wird dies mittels eines eher geschlossenen Raum erzielt, so dass keine Luft inkl. feinem Staub oder Ausdünstungen eindringen kann.
Jedoch hat dieses geschlossene Volumen ein Problem bei Temperaturschwankungen von -20 °C bis zu +80 °C. Durch die Ausdehnung der Luft kommt es dann zu einem Über- oder Unterdruck, der zu unerwünschten Verformungen führt.
Aus diesem Grunde haben Hohlkammer Fensterrahmen oder Schweinwerfergehäuse immer sehr kleine Öffnungen für den Luftaustausch. Bei komplexen und wichtigen Geräten wird mit Druckausgleichmembranen oder feinen Luftfiltern gearbeitet.
Bei Feuchtigkeitsproblemen kommen gerne auch Trocknerkartuschen zum Einsatz - Im Akku vom Elektro-Smart gibt es eine Trocknerkartusche...
Da im PKW Bereich immer möglichst kostengünstig gearbeitet wird, kommen meist nur sehr feine Löcher zum Einsatz, die in Bereichen mit dem geringsten Anteil an dreckiger Luft platziert werden. Evtl. mit feinen Membranen/Filtern... die aber nicht ganz wartungsfrei sind.
Je nach Einsatzbereich des Fahrzeuges, kann die Innenraumluft mal mehr - mal weniger Luftfeuchtigkeit enthalten. Diese Feuchtigkeit kann über die Druckausgleichöffnungen langsam in das Volumen vor der Kamera eindringen und dann bei einem Rückgang der Außentemperatur an der Scheibe beschlagen.
Steht das Auto mehr draußen (Laternenparker) oder drinnen (Garage oder Tiefgarage). Gummimatten oder Velourmatten... Wird viel Feuchtigkeit ins Auto gebracht. Wird die Lüftung immer benutzt...und wie wird die Lüftung/Klima verwendet?. Bei kühleren Temperaturen und Regen kann die Klimaanlage die Außenluft etwas entfeuchten und ein beschlagen der Scheiben verhindern. Hierbei wird auch die generelle Feuchtigkeit im Fahrzeug reduziert.
Für hartnäckige Fälle von beschlagenen Windschutzscheiben gibt es auch Trocknerkissen für das Armaturenbrett, die man nach Gebrauch zu Hause auf einem Heizkörper oder Backofen wieder trocknen kann.
Sind die Glas- und oder Linsenflächen beschlagen, so hilft es die Lufttemperatur in dem Volumen vor der Kamera zu erhöhen. Dies erreicht man mit der Defrostereinstellung der Lüftung. Hier wird einfach der Luftstrom an der Scheibe erhöht, so dass auch der Bereich der Kameraverkleidung oben so langsam mit erwärmt wird. Auch die Windschutzscheibe wird langsam erwärmt. Damit erwärmt sich auch langsam die Luft im Volumen vor der Kamera und die kondensierte Feuchtigkeit verdunstet wieder.
Der Sinn der Heizmatte mit der schnellen Temperaturerhöhung ist genau der eben genannte.
Ach ja, das Messen der Temperaturen im Volumen vor der Kamera von Außen durch die Windschutzscheibe mit Infrarot Thermometern funktioniert nicht. Infrarot Messgeräte sind Blind durch Glasscheiben... man misst nur die Glastemperatur, aber nicht die Temperatur der dahinter liegenden Strukturen.
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Wenn in Zukunft über die Problematik der beschlagenen Kamerasysteme diskutiert wird, wäre es hilfreich, wenn das Nutzungs- und Parkverhalten mit dokumentiert wird. Hierbei ist die Art der Nutzung von Lüftung und Klima auch wichtig.
Beispiel:
Warmgaragenparker (beheizt oder Tiefgarage) fährt im Winter los. Fahrzeug ist noch warm und man verzichtet auf die Lüftungsheizung - evtl. nur Sitzheizung und Lüftung auf sehr kleiner Stufe. Durch den Fahrtwind kühlt die Scheibe langsam ab und die Luft im Volumen vor der Kamera ebenfalls. Dann kommt es nach einigen Minuten Fahrt zur Kondensation im Bereich der Kamera.
Durch das längere Parken ist in der Luft grundsätzlich mehr Feuchtigkeit enthalten - absolut betrachtet. Dies wird sich sicherlich auch im Volumen von der Kamera mit der Zeit bemerkbar machen. Dann führen Temperaturreduktionen zwangsläufig zur Kondensation => Beschlag an der Scheibe.
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Von Folienbeschichtungen halte ich nicht viel, da die Temperaturschwankungen im Kamerabereich riesig sind. Auch die permanente Sonneneinstrahlung bei Laternenparkern sorgt für großen Materialstress. Einfache Folien werden das nicht lange aushalten und sich evtl. lösen, verspröden, rissig werden, o.ä. Es könnte auch zu Ausdünstungen kommen, die auf Dauer kontraproduktiv sind.
Den Folien sollte daher ein Datenblatt beiliegen, welche die Einsatzbedingungen im Hinblick auf Temperaturbereich und Sonnenlicht beschreibt.
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de.wikipedia.org/wiki/Kondensation
de.wikipedia.org/wiki/Antifog
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Anmerkungen, Ergänzungen und Korrekturvorschläge sind gern gesehen.
Ich bin ja noch nicht allwissend...